ProfNet-Institut mit Internetstudie zu IR-Aktivitäten deutscher Aktiengesellschaften

Investor Relations im Internet: Erste Anstiegsversuche von niedrigem Niveau

Dortmund/Münster – Reichliches Verbesserungspotential sehen die Autoren der ProfNet Internetstudie "Investor Relations ´00" auch in diesem Jahr bei den analysierten Web-Sites von fast 280 Aktiengesellschaften. In Kooperation mit der "Wirtschaftswoche" haben die Webexperten des Dortmunder Instituts für Internet-Marketing und Prof. Dr. Ulrich Balz, Leiter des European Business Programme der Fachhochschule Münster, erneut überprüft, welche Anstrengungen die börsennotierten Unternehmen der wichtigsten deutschen Indizes unternehmen, um ihren Investoren/Aktionären die Anlageentscheidung zu erleichtern. Ergänzt wird die Studie durch einen Vergleich der in internationalen Indizes gelisteten Unternehmen. Fazit: Gemessen an der Börsenkapitalisierung der analysierten Unternehmen lautet das Gesamturteil: Verbesserungsfähig!

Das Internet "demokratisiert" die Gesellschaft der Investoren. Gerade Privatanleger erhalten in noch nie da gewesener Form den Zugang zu Informationen über Aktien börsennotierter Unternehmen – wenn diese die Möglichkeiten des nun auch nicht mehr ganz neuen Mediums nutzen.

Die brandaktuelle Internet Studie "Investor Relations 2000" vergleicht die Internet-Auftritte von börsennotierten Unternehmen hinsichtlich ihrer IR-Orientierung. Hierbei wird deutlich, wer die Chancen des Internets am konsequentesten nutzt, welche Ziele und Strategien dabei verfolgt werden und welche Faktoren über einen erfolgreichen Internet-Auftritt entscheiden. Verglichen werden zum einen die deutschsprachige Internetseiten von Unternehmen, deren Aktien Teil von vier verbreitet genutzten Aktienindizes der Deutsche Börse AG waren (DAX, MDAX, NEMAX 50 und die 30 höchstkapitalisierten Werte des SDAX). Zum anderen werden in einem internationalen Vergleich die englischsprachigen Internetauftritte der Euro Stoxx 50-Aktien, der 30 NEMAX 50-Werte und der 30 an Euro.NM-Märkten notierten Werte außerhalb des Neuen Marktes mit der jeweils höchsten Marktkapitalisierung bewertet.

Seit der Untersuchung von 1999 investierten die Unternehmen in den einzelnen Börsenindizes in unterschiedlichem Maße in ihre IR-Internetseiten. Während Unternehmen aus DAX, MDAX und SDAX ihre Internetauftritte häufig neu konzipiert bzw. grundlegend überarbeitet – und damit überwiegend auch verbessert - haben, ist bei den NEMAX-Unternehmen ein überraschender Stillstand festzustellen.

Im Vergleich der englischsprachigen Seiten schnitten die deutschen Gesellschaften überdurchschnittlich ab. Dieses relativ gute Ergebnis ist aber mehr auf die Schwäche der Konkurrenz als auf eine überragende eigene Leistung zurückzuführen. Dem englischsprachigen IR-Bereich sollte von den hier untersuchten Gesellschaften die gleiche Aufmerksamkeit wie dem deutschsprachigen gewidmet werden, ist Englisch doch die Verkehrssprache der internationalen Kapitalanleger. Gemessen daran sind die Ergebnisse, die im Durchschnitt auch unter denen der deutschsprachigen Auftritte liegen, wenig befriedigend.

Untersucht wurden die IR-Auftritte anhand von 91 Kriterien in den Kategorien Inhalt, Interaktivität, Layout und Benutzerfreundlichkeit (Handling). Ergebnis: Die in den deutschen Indizes vertreten Unternehmen, die eine deutschsprachige Internetseite anbieten, erreichten bei sehr unterschiedlichen Einzelergebnissen im Schnitt 49 Prozent der möglichen Punkte. "Das kann weder hinsichtlich der Ansprüche, die man an den untersuchten Unternehmenskreis stellen darf, noch im Hinblick auf das Wertsteigerungspotential der IR-Aktivitäten befriedigen", urteilt Balz. Sieger des diesjährigen Vergleichs wurde die Daimler Chrysler AG vor der Hypovereinsbank. Den dritten Platz teilen sich die Gehe AG und die Brokat Infosystems AG.

Immerhin 16% der Unternehmen bieten keine Quartalsberichte an, die nutzerfreundliche Zerlegung des umfangreichen Geschäftsberichts in einzelne Kapitel oder wichtige Ausschnitte vermisst man bei 53%. Und 16% meinen noch immer, auf einem internationalen Kapitalmarkt ohne englischsprachige Seiten für ausländische Anleger und Multiplikatoren (Presse, Analysten) auskommen zu können – im anderen Extrem bieten 7% erst gar keine deutschsprachige Seite an. Über den aktuellen Börsenkurs informieren beträchtliche 89% der Unternehmen, deutlich mehr, als noch 1999 mit 59%. 80% bieten meist zusätzlich eine Grafik der Börsenkursentwicklung an. Aber erst 32% ermöglichen auf ihrer Internetseite den Vergleich des Verlaufs des eigenen Aktienkurses mit dem des jeweiligen Index. "Versteht man IR als Marketing für das "Produkt Aktie", bei dem der Preis und seine absolute und relative Entwicklung in der Vergangenheit eine erhebliche Rolle spielt, dann ist diese Quote unbefriedigend", kritisieren Prof. Balz und der ProfNet Projektleiter Dr. Peer Walter Jahn.

Die spezifischen Vorteile des Internets werden noch sehr unzureichend genutzt. In der Obergruppe "Interaktivität" wurden durchschnittlich nur 32% der möglichen Punkte erreicht, absolut und relativ ein unbefriedigendes Ergebnis. Nur 47% dieser Unternehmen machten sich die Mühe einer Antwort auf eine einfache Frage, davon 38%-Punkte in einer dem Medium angemessenen Zeit von 2 Tagen und, weitere 9%-Punkte nach drei bis fünf Tagen – gut die Hälfte jedoch viel zu spät oder gar nicht. Dies ist eine Verschlechterung gegenüber dem schon schlechten Ergebnis des Vorjahres, als immerhin 50% antworteten (davon 43%-Punkte innerhalb von 2 Tagen).

Fazit: Auch im Jahr 2000 schöpfen die Unternehmen in ihrer IR-Arbeit das Potenzial des aktuellen, interaktiven und mit Text, Bild, Ton und Video vielseitigen Kommunikationskanals Internet immer noch zu wenig aus.

Kontakt:

Prof. Dr. Ulrich Balz
Fachhochschule Münster
European Business Programme
Corrensstr. 25
48149 Münster
Tel. 0251-83-65633
Fax: 0251-83-65532
e-mail: balz@fh-muenster.de